INNE HALTEN in der Krise: Was vermisse ich?

Neumarkt (dbnm) - Der Neumarkter Theologe Christian Schrödl ist seit 2013 Dekanatsreferent für die beiden Dekanate Neumarkt und Habsberg. Er engagiert sich ehrenamtlich in der Münsterpfarrei St. Johannes Neumarkt und geht nun den Gedanken nach, ob der den Empfang der Kommunion überhaupt vermisst.

INNE HALTEN: Was ich vermisse

Nur eingeschränkter Gesang möglich, Kommunionspendung unter strengsten Auflagen, Anmeldung vorab notwendig, Ausgabe von Platzkarten, Ordner kontrollieren an Kirchenportalen – all diese Informationen gehen derzeit bei uns im Dekanatsbüro ein. Wegen der Verwendung von Handschuhen fallen Hostien bei der Kommunionausteilung auf den Boden, berichtet meine Schwägerin vom Sonntagsgottesdienst neulich. Den Mundschutz muss man erst einmal länger als eine halbe Stunde ertragen können. Und ältere Menschen sollten ohnehin wegen des gesundheitlichen Risikos zu Hause bleiben.

Für unsere Pfarrgemeinden ist es unglaublich wichtig, wieder Gottesdienste feiern zu können, ein Stück weit Normalität zu leben. Viele bekunden ihren „Hunger nach dem eucharistischen Brot“. Zahlreiche deutsche Bischöfe haben schon vor Wochen betont,  dass vor allem die Kirchen „Halt und Orientierung in schwierigen Zeiten“ geben könnten. Einige verweisen vehement darauf, dass eine längere Einschränkung der durch das Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit nicht länger hinnehmbar ist.

Ich will das alles nicht abwerten oder abstreiten – aber als Theologe, als Kommunionhelfer und Pfarrgemeinderatsvorsitzender stelle ich mir derzeit die Frage: Sehne ich mich in diesen Tagen nach dem Empfang der Kommunion? Möchte oder muss ich unbedingt dabei sein, wenn Gottesdienste nun wieder öffentlich gefeiert werden? Kann ich mich unter den derzeitigen Umständen im Gottesdienst wohlfühlen? Was vermisse ich eigentlich ganz persönlich in dieser Zeit der Corona-Krise?

Ich sehne mich nach einer lebendigen Gemeinschaft, die im Gottesdienst sichtbar wird. Nach einem Miteinander verschiedener Generationen. Nach herzlicher Begrüßung und freundlichen Blicken. Nach kräftigem Singen. Nach festlicher Stimmung und zugleich besinnlicher Atmosphäre. Nach der Gemeinschaft im Hören des Wortes Gottes, nach einer aufmunternden Predigt. Nach einem Kreuzzeichen am Weihwasserbecken und dem Geruch des Weihrauchs. Dass die Freude am Glauben erlebbar wird, Hand und Fuß bekommt. Und dass sich das Miteinander auch im Alltag einer Pfarrei fortsetzen kann: in Gesprächen, Aktionen, Projekten, Gruppenstunden, Abendveranstaltungen, geselligen Runden…

All das ist für mich unzertrennbar mit dem Empfang der Kommunion verbunden: Stimmungen, Gefühle, die Berührung durch Gottes Wort und vor allem die erlebte Gemeinschaft. Der kurze Akt des Nach-Vorne-Tretens und Verspeisens, dieses kleine Ritual alleine, stillt meine Sehnsucht nicht. Es bleibt ein bloßes Essen, wenn ich mich nicht berührt, sondern fremd und gehemmt fühle. Kommunion ist eben nicht nur Gemeinschaft mit Gott, sondern auch Gemeinschaft untereinander. Wo die Zeichenhaftigkeit der Eucharistie als „Gipfel und Quelle des kirchliches Lebens“ so verkürzt ist wie momentan, droht es für mich persönlich ganz leicht, zu einem leeren Ritual abzugleiten.

Wer nur schnellstmöglich zum normalen Gottesbetrieb zurückkehren will, berührt meine Sehnsucht nur wenig. Bin ich damit wirklich alleine?

Passen Sie gut auf sich auf!

Ihr Christian Schrödl

In der Reihe "INNE HALTEN" wurden zuletzt veröffentlicht:

5.5.2020 - INNE HALTEN - "Welche Exit-Strategie?" von Stefan Wingen

28.4.2020 - INNE HALTEN - "Schweige und höre!" von Pater Krzysztof Labak CSsR

21.4.2020 - INNE HALTEN - "Ein Virus, der auf die Sprünge hilft" von Markus Fiedler

15.4.2020 - INNE HALTEN - "Augen und Herzen neu öffnen" von Christian Schrödl

9.4.2020 - INNE HALTEN - "Von guten Mächten..." von Klaus Eifler

6.4.2020 - INNE HALTEN - "Auf ihn sollt ihr hören!" von Clemens Bombeck

3.4.2020 - INNE HALTEN - "Gemeinschaft und Individualität..." von Stefan Wingen

1.4.2020 - INNE HALTEN - "Berühren, aber nicht anfassen!" von Christian Schrödl

30.3.2020 - INNE HALTEN - "Risikopatient Kirche?" von Christian Schrödl

28.3.2020 - INNE HALTEN - "Öffne deine Sinne!" von Klaus Eifler

26.3.2020 - INNE HALTEN - "Kommunionhelfer gebraucht?!" von Christian Schrödl

19.3.2020 - INNE HALTEN - Christian Schrödl zum Josefstag