Impuls für den heutigen Tag: Christliche Aufklärung, die aneckt

Neumarkt (dbnm) - Pastoralreferent Helmut Enzenberger ist Schulseelsorger am Ostendorfer-Gymnasium Neumarkt. Er hält derzeit rund um die Uhr Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern. In seinem geistlichen Wort beschäftigt er sich nun mit der Wertschätzung Jesu für jeden einzelnen Menschen.

Christliche Aufklärung, die aneckt

(Joh 10,31—42)

Der Leidensweg Jesu wirft seine Schatten voraus. Jesus, der Handwerker aus Nazareth, dem Gottes Wort in Fleisch und Blut übergegangen ist, wird zum Ärgernis. Da helfen auch seine menschenfreundliche Gesinnung und seine guten Taten nichts. Die führenden Männer des Volkes haben entschieden: „Der Mann aus Galiläa maßt sich an, wie Gott zu sein. Er muss weg!“

Die Steinigung als legitimierte Antwort war nur die logische Konsequenz. Wenn das heutige Tagesevangelium (Joh 10,31—42) aber undifferenziert von „Juden“ spricht, die zu den Steinen greifen, dann verlangt das eine sachliche Klärung. Angefeindet wurde Jesus zunächst nicht von „den Juden“, sondern vom Hohen Rat, dem Gesetzeslehrer, die obersten Priester und die Tempellobby angehörten. Diese Gruppe propagierte eine verkrustete Theologie und ging sprichwörtlich über Leichen. Ihr Augenmerk galt der Erhaltung des Tempels. Jesu Zuwendung aber galt dem Menschen. Er hatte einen Blick für die Leidenden, Kranken, Ausgestoßenen, Sündern und allen, die sich nach einem sinnerfüllten Leben sehnten. Jesus nimmt die Heilige Schrift beim Wort und spricht Mut zu: „Götter seid ihr“, wirft er dem Hohen Rat vor. Was für eine Wertschätzung des Menschen, was für eine Brüskierung der führenden Männer!

In Jesus zeigt sich das Heilshandeln Gottes. Der Handwerker aus Nazareth setzt eine Art christliche Aufklärung in Gang. Er ermutigt: Prüft die Heilige Schriften, hinterfragt, was man euch sagt! Habe Mut, Dich Deines Herzens zu bedienen!

Diesmal kann sich Jesus dem Zugriff des Hohen Rates noch entziehen. Er flieht und findet, anders als in unseren Tagen, barmherzige Aufnahme jenseits des Flusses. Der Hohe Rat aber wird bald bekommen, wonach er trachtet.

Helmut Enzenberger, Schulseelsorger, Neumarkt

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