"Auf ein Wort": Impuls zum heutigen Tag

Neumarkt (dbnm) - Diakon Xaver Bösl, derzeitig im Pfarrverband Deining und davor viele Jahre in der Neumarkter Klinikseelsorge tätig, beschäftigt sich mit der Frage nach der Wahrheit in der aktuellen Corona-Krise.

Auf der Suche nach Wahrheit 

(Joh 8,31—42)

Bei  Johannes lesen wir: Jesus sprach:“Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien.“ (Joh 8,32)

Wahrheit befreit! Das hat wohl jeder Mensch schon mal erlebt. Pilatus fragt Jesus: Was ist Wahrheit? Diese Frage kann schnell unsre eigene werden! Was halte ich für wahr, worauf kommt´s mir an?

Meine Erfahrung aus der Klinikseelsorge: Persönliche Bedürfnisse bestimmen in einem viel größeren Ausmaß die Wahrnehmung und damit das, was man für wahr und wichtig hält.  Mehr als man selbst glauben möchte.

Vor einigen Jahren besuchte ich eine krebskranke Frau. Den ganzen Winter hatte sie ums Überleben gekämpft. Sie führte mich in ihren Garten. Aber sie wollte mich nicht zu ihrer Blumenpracht führen. Sie zeigte mir einen kleinen zarten Pilz, der in einem bedrohlich schmalen Ritz zwischen zwei Betonplatten wuchs. Diesem Pilz galt ihre Sorge. Ihn sollte ich anschauen, nicht die Blumenpracht. Sie selbst war dieser Pilz, eingeklemmt zwischen Alter und Krankheit und vom Sterben bedroht. Das war ihre Wahrheit, ihre Sicht auf den wunderschönen Garten.

Wahrheit ist, dass es ausreichend Klopapier gäbe, auch Mehl und Hefe in Zeiten der Coronakrise. Doch die Angst bestimmt, was Menschen für wahr halten, für richtig und wichtig. Die aus der Angst geborene „Wahrheit“ bestimmt das Handeln, nicht die Tatsache, dass genug da wäre für alle.

Die lebensbedrohliche Gefahr des Virus wurde von manchen Bevölkerungsgruppen verdrängt. Die schützende  Angst vor dem Virus wurde mit waghalsigem Leichtsinn überspielt und damit Menschenleben gefährdet. Das Bedürfnis nach Selbstbestimmung war stärker als sich auf das einzulassen, was Fachleute für wahr und wichtig erachten. Selbst namhaften Politikern sind eigene Bedürfnisse wichtiger als die Wahrheit über Corona. 

Für jeden von uns ist es heilsam, die eigenen Bedürfnisse in den Blick zu nehmen. Sind diese Bedürfnisse tatsächlich wahr und angemessen? Werde ich ihnen gerecht? Ist eine Angst in mir zu groß oder zu klein? Ist z.B. meine Selbstliebe unterentwickelt, meine Ich-Bezogenheit zu groß? Bei der Suche nach Wahrheit können vertraute Menschen eine wunderbare Hilfe sein, ebenso Gebete, Meditation und vieles mehr. Die Suche nach Wahrheit befreit! Glück und Segen auf all Ihren Wegen!

Diakon Xaver Bösl, Neumarkt/Deining

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